Jeder Chorsänger kennt das Gefühl: Ein Konzert läuft wunderbar, die Stimmung ist großartig – und dann passiert es. Ein Tenor erwischt den falschen Einsatz, eine Altstimme landet auf einem unerwarteten Ton oder ein Mezzo trifft mit leichter Verspätung ein. Ein kurzer Moment des Schreckens – doch das Publikum? Merkt meist nichts. Und wenn doch, dann wahrscheinlich mit einem wohlwollenden Schmunzeln.
Es geht nicht um Perfektion, sondern um Ausdruck und Emotion. Ein unsauberer Ton, ein charmantes „Versehen“ beim Einsatz – all das verleiht einem Konzert berührende Menschlichkeit.
Das menschliche Gehirn ist erstaunlich gut darin, Unstimmigkeiten auszugleichen. Ein schief geratener Ton? Kaum jemand nimmt ihn wahr. Unser Gehirn „hört“ die Musik so, wie sie gemeint ist – nicht zwangsläufig so, wie sie wirklich klingt. Tatsächlich bemerken viele Zuhörer Fehler erst dann, wenn die Sängerin oder der Sänger erschrocken dreinschaut oder verlegen gestikuliert. Die Körpersprache spielt eine enorm wichtige Rolle dabei, ob ein Fehler überhaupt wahrgenommen wird. Wer selbstbewusst weitersingt, lässt das Missgeschick meist unbemerkt vorüberziehen.
Die Leidenschaft, mit der gesungen wird, überstrahlt kleine Patzer. Wichtig ist, dass sich alle mit Freude und Ausdruck einbringen – dann entsteht die wahre Magie des gemeinsamen Singens.
Das Publikum erwartet keine Perfektion, sondern ein berührendes Musikerlebnis. Und genau das kann man nicht fehlerfrei einstudieren, sondern nur mit Herz und Hingabe erschaffen.
Perfektion beeindruckt, aber Leidenschaft berührt.